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Astro - und Zeitrafferfotografie

  Mattse's Bastelecke



     Ein Winkelsucher für den Polsucher


Eines muss schon am Anfang erwähnt werden: Diese Bauanleitung beschreibt ausschließlich den Polsucher der Vixen GreatPolaris(kurz: GP), der als optionales Zubehör für diese Montierung erhältlich ist. Dieser Polsucher wird auch an der Vixen GreatPolaris Deluxe(kurz: GP-DX) verwendet. Da es aber aus Fernost einige Nachbauten der GP gibt, gehe ich mal davon aus, dass die verfügbaren Polsucher ganz ähnliche Maße besitzen. Bevor man also mit den Nachbau beginnt ist messen angesagt. Der Polsucher der GP hat einen Außendurchmesser von 30mm.


1. Die Vorgeschichte

Um eine parallaktische Montierung für den zum Beispiel fotografischen Einsatz richtig parallel zur Rotationsachse der Erde ausrichten zu können, ist ein Polsucher notwendig. Wir haben hier auf der Nordhalbkugel das Glück, dass sich in der Verlängerung der Rotationsachse in "relativ" unendlicher Entfernung ein Stern befindet, den man zum Ausrichten verwenden kann: Polaris, auch "Polarstern" genannt. Der steht aber nicht ganz exakt auf der Achse, das zeigt auch die Strichplatte im Polsucher(Kreuz).


alte Strichplatte(2000)

alte Strichplatte, Jahr 2000
(Ein klick auf das Bild öffnet ein größeres in einen neuen Fenster!)
neue Strichplatte(2010)

neue Strichplatte, Jahr 2010
(Ein klick auf das Bild öffnet ein größeres in einen neuen Fenster!)


Die vier Sterne des Vierecks rechts unten sind die Positionen von vier Sternen im Sternbild Tucan, die allerdings nicht ganz so hell sind wie Polaris. Dieses Sternbild steht auf der Südhalbkugel in der Nähe des Pols.
Was jetzt genau zur Ausrichtung der Montierung über den Polsucher zu tun ist, steht in der Bedienungsanleitung der Montierung geschrieben. Fakt ist aber, das gerade in unseren Breiten die RA-Achse mit den Polsucher sehr steil ist weil Polaris sehr hoch über Horizonz steht. Um die Montierung ausrichten zu können kriecht man schonmal auf Knien vor der Montierung auf den Boden herum und bricht sich fast das Genick beim Einblick in den Polsucher. Ich habe das auch jahrelang getan.


2. Die Idee

Die Idee, einen Winkelsucher als Einblickhilfe für den Polsucher zu verwenden, ist nicht neu. Die kommerziell erhältlichen Lösungen sind infolge der geringen Stückzahl schon derb überteuert. Und die wenigen Bastellösungen aus der ATM-Szene setzen in den meisten Fällen schon eine gut ausgerüstete Werkstatt und handwerkliches Können voraus.
Inspiriert durch gelegentliche Berichte aus den deutschsprachigen Foren, insbesondere Astronomie.de und Astrotreff.de, kam ich in den letzten Tagen auch auf die Idee, mich an einen Winkelsucher für den Polsucher zu versuchen. Also habe ich mich auf die Suche nach einen billigen Winkelsucher in "der Bucht" gemacht und wurde recht schnell fündig. Es handelte sich um den Canon Angel Finder B, der mir nur EUR 16,60 inclusive Versand gekostet hat. Wie ich inzwischen in Erfahrung bringen konnte, scheint es kaum noch fotochemische Spiegelreflexkameras zu geben, an dem dieser Typ von Winkelsucher zum Einsatz kommt. Für DSLR scheint es keine Anwendungen zu geben. Also vertickt man die Teile teils unter 30 Öken im Sofortkauf in der Bucht. Nachdem der Winkelsucher dann endlich nach einer abenteuerlichen Odysee durch den Zustelldienst bei mir eintraf, hieß es: "Wie kriege ich den Winkelsucher an den Polsucher?".


3. Die Lösung

Das ist der Polsucher der Vixen GreatPolaris:

Polsucher GP


Der Polsucher hat einen Außendurchmesser von 30mm, der silberne Ring des Winkelsuchers einen Außendurchmesser von 22,45mm. Die Idee war, ein Stück Aluminiumrohr mit den Maßen 40x4(Innendurchmesser 32mm) mit je drei Gewinden an deren Enden zu versehen und damit den Winkelsucher an den Polsucher zu befestigen. Das war einfacher gedacht als getan, in meiner Aluramschkiste hatte ich leider nichts von diesen Rohr.

Dann fiel mir ein, dass ich vor ein paar Jahren einmal mit einen 1¼"-Zenitspiegel als Einblickhilfe herum experimentiert hatte, aber zu keinen befriedigenden Ergebnis gekommen bin. Ich brauchte also irgendetwas, mit der 1¼"-Okulare geklemmt werden können. Der freie Durchmesser dieser Okularklemmung paßte gut über den Polsucher und ließ sich zudem noch mit der Schraube klemmen. Den Zenitspiegel killen? War irgendwie keine gute Idee, dafür hat er mir einst zu viel Geld gekostet. Nach einigen hin und her hatte ich plötzlich eine 2x Barlow in der Hand, ein überbleibsel aus einen Okularset, die ich eigentlich nicht benutze.


Vergleich Winkelsucher und TS Barlow 2x


Und siehe da, die Steckhülse läßt sich abschrauben. Übrig blieb die Okularklemmhülse und der Stecktubus mit dem Barlowelement. Die Klemmhülse hat einen freien Durchlass von 23,85mm.


Demontiert!


Geklemmt am Polsucher


Die Differenz beträgt 1,4mm. Ich brauchte also etwas, das umlaufend 0,7mm aufbaut und fest den Winkelsucher mit der Klemmhülse verbindet. Nach einigen Suchen und Experimenten mit verschiedenen Kunststofffolien kam ich dann auf 250er Fotokarton(250g/m²).


Fotokarton ist die Lösung


Der Kartonstreifen, 15mm breit und 188mm lang, sollte in drei Lagen um die silberne Hülse des Winkelsuchers gelegt werden. Ist vielleicht ein wenig fummelig. Man sollte meinen, dass die Breite von 10mm auch reichen sollte, aber drei Lagen des Karton haben eine Stärke von 0,82mm, ein wenig zuviel für die Klemmhülse. Durch den kleinen Überstand kann die äußere Kante ein wenig nach innen gebogen werden. Dadurch entsteht eine Führung. Mit leichten seitlichen Bewegungen läßt sich so der Winkelsucher in die Klemmhülse schieben. Man kann auch 170er Karteikarton nehmen oder ein anderes dickes Papier - eben halt das, was man eben gerade zur Hand hat.


Umwickeln und rein damit.


Ich habe fertig geschoben.


Sieht doch ganz gut aus! Wenn man den Winkelsucher nun dreht, stellt man fest, dass er sich nicht durch das Papier in der Hülse dreht, sondern im dafür vorgesehenen Gelenk des Winkelsuchers. Das Papier spannt das Teil also recht fest in die Klemmhülse.


Innenansicht.


Am Winkelsucher noch scharf stellen und: Isch habe Fertisch!
Vorsicht beim drehen des Winkelsuchers, mein Polsucher hat sich dabei gelöst. Ist aber kein Problem, der läßt sich wieder anziehen.


Ich habe fertisch!


Um Klemmspuren durch die Schraube am Polsucher zu vermeiden, habe ich einen Streifen Velourfolie, 190mm lang und 25mm breit, erst mit einen Fusselroller entfusselt und dann in zwei Lagen rund um den Polsucher geklebt. Dabei hat sich der Durchmesser so verringert, dass man die Klemmhülse nicht einmal mit der Schraube arretieren muss. Die läßt sich damit sanft aufstecken und sitzt von sich aus fest. Hat auch den Vorteil, dass der Winkelsucher nun gegenüber den Polsucher zentriert ist. Die Velourfolie setzt zwar das Okular des Polsuchers fest, aber wer muss schon jedesmal den Polsucher neu fokussieren. Man kann doch jetzt am Winkelsucher das Bild scharf stellen.


Velour um den Polsucher.


4. Zusammenfassung

Was braucht man für einen Winkelsucher für den Polsucher?

- Einen Canon Angel Finder B, gebraucht bei Ebay so ab die 30,00 Eulen das Stück.
- Eine 2fach achromatische Barlow, die wenig oder überhaupt nicht eingesetzt wird.
- Einen Streifen 250er Fotokarton mit 188mm Länge und 15mm breite(oder ein anderes dickes Papier).
- Einen Streifen Velour-Möbelfolie(DC-Fix), 190mm lang und 25mm breit.
- Eine Schere.

Übrig bleiben die 1¼"-Steckhülse und das Barlowelement, das eingeschraubt in ein 1¼"-Okular immerhin noch einen Verlängerungsfaktor von 1,5fach besitzt. Also wirklich zerstört wird die Barlow bei diesen Umbau eigentlich nicht. Es wird nichts geklebt, verschraubt, genietet oder geschweißt. Alles ist problemlos rückbaubar. Wenn man aber ersteinmal die Vorteile des Winkelsuchers erfahren hat, will man das Teil garnicht mehr zurück bauen.

Nachteil ist, dass dieser Winkelsucher für den Polsucher, ich nenne ihn jetzt kurz "Winkelpolsucher", nur an Polsuchern funktioniert, die einen Aussendurchmesser von 30mm haben. Wenn man aber bedenkt, wie viele Kopien der Vixen GreatPolaris mit verschiedenen Namen von den Chinesen inzwischen den Markt überschwemmen, kann man vielleicht davon ausgehen, dass auch die Polsucher dementsprechend kopiert wurden.

Ein weiterer Nachteil ist das begrenzte Sichtfeld durch den Winkelsucher selbst. Es sind jetzt nur noch ca. 80% des Feldes des Polsuchers überschaubar. Der rechte äußere Stern von Tukan liegt jetzt außerhalb des Sichtfeldes. Für den Einsatz des Polsuchers auf der nördlichen Erdhalbkugel sind diese Sternmarkierungen aber ohne Bedeutung.


Sichtfeld ohne Winkelsucher

Sichtfeld ohne Winkelsucher
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Sichtfeld mit Winkelsucher

Sichtfeld mit Winkelsucher
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Die einzige Kamera, mit der ich die Bilder durch den Polsucher und dem Winkelsucher machen konnte, war mein heiß geliebtes und noch immer unschlagbares K800i von Sony-Erricson.
Der Einblick ist ein wenig unruhig. Nimmt man aber einen 1,9"-Fahrradschlauch(Mountainbike) und zieht ihn als "Gummiaugenmuschel" über das Okular des Winkelsuchers, bietet es dem Auge einen ruhigen Einblick. Man kann natürlich auch die Gummiaugenmuschel eines einfachen Plösls nehmen, hält aber nicht so gut weil zu kurz.

Man kann auch die nun frei gewordenen Abdeckkappen der Barlow benutzen, um den Polwinkelsucher gegen Staub zu schützen. Das frei gewordene Barlowelement läßt sich ja auch in ein 1¼"-Okular schrauben und damit schützen.


Abdeckkappen der Barlow für den Winkelpolsucher.


Habe ich irgend etwas vergessen?  Entstanden Fragen bei der Lektüre? Raus damit, ich werde sie hier nachträglich einfügen und beantworten.

Viel Spaß beim Nachbau!
Mattse




Rechtliches(leider immer noch notwendig)
Die Gesetze zum Urheberrecht sind klar deffiniert, auch wenn viele inzwischen glauben, das Internet sei eine gesetzfreie Zone. Das "teilen" von fremden Inhalten IST eine Urheberrechtsverletzung. Die von mir erstellten Baupläne sind für private Nutzer frei nachbaubar. Eine kommerzielle Vermarktung von Geräten die auf diese Baupläne zurückzuführen sind, ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung gestattet. Ich übernehme keine Haftung über Fehler beim Nachbau. Wer keine Ahnung davon hat was er tut, sollte seine Finger davon lassen. Ich lasse mich nicht dafür verantwortlich machen, wenn einer seine Bude abfackelt. Das gleiche gilt für das unerlaubte verlinken der verwendeten Bilder auf eigenen Webseiten, wenn schon verlinkt wird, dann bitte direkt auf diese Seite hier. Zugriffe auf auch nur einzelne Dateien kann ich auf dem Server nachvollziehen, in der Sache ist mein Provider sehr großzügig im Umgang mit Traffic-Verfolgung.